Sommertour per Rad an Elster, Saale, Elbe und Mulde im Juni/Juli 2021
Sonntag, 27.06.
Gemächlich starten wir in den Tag. Zunächst müssen wir nach Markkleeberg, denn unsere Reiseräder parken dort in Uwes Keller. Bis alles verpackt ist, wird es Mittag, höchste Zeit aufzubrechen, denn wir sind noch auf einen Kurzbesuch in Dölkau verabredet, etwa 1,5 Stunden Fahrzeit entfernt.
Bei 30°C erliegen wir fast dem Verlangen, es den Badegästen am Cospudener See gleich zu tun und uns in die Fluten zu stürzen. Nein, wir bleiben hart und radeln vorbei zum Elsterradweg durch Leipzig, folgen dem Weg auf dem Damm bis Kleinliebenau, wo wir abbiegen und auf wenig befahrenen Waldwegen und kleinen Straßen Dölkau erreichen. Wer gerne das Fahrgefühl aus den Jahren um 1900 erfahren will, ist hier genau richtig. Der aus Feldsteinen errichtete Fahrweg sorgt für Lockerung aller Muskeln. Alternativ kann man am Rand einen sandigen Pfützenslalom absolvieren. Wir freuen uns über einen Kaffeeplausch unterm Walnussbaum und grübeln, warum meine Pedalen beängstigende Knackgeräusche von sich geben.
Unser Ziel ist Halle und zunächst müssen wir weiter durch Wald und Feld, bis wir wieder auf dem Elsterradweg landen. In Lochau verlassen wir den Fluss, nun führt der Weg durch Döllwitz nach Osendorf parallel zur Straße. Hier biegen wir wieder ab auf ein altes Kippengelände, das sich die Natur Stück für Stück zurückerobert. Einmal nicht aufgepasst, finden wir uns ungewollt auf einem schmalen Rundweg um einen alten Kippenhügel. In dem dichten Gebüsch haben tausende Mücken nur auf uns gewartet und laben sich an uns. Mit zahlreichen Mückenstichen und der Gewissheit eines sinnlosen Umweges finden wir wieder auf den richtigen Pfad und passieren von Südosten her die hallesche Stadtgrenze. Entlang eines alten Eisenbahngeländes, welches sich nun grün und mit kleinen Erholungsoasen präsentiert, führt der Radweg direkt bis zum Hauptbahnhof. Noch knapp zwei Kilometer weiter haben wir unser heutiges Ziel erreicht und nächtigen nach einem gemütlichen Abend bei unserem Freund Yves im Garten.
Montag, 28.06.
Am späten Vormittag starten wir, überqueren an der Burg Giebichenstein die Saale und fahren weiter stromabwärts. In Brachwitz wechseln wir per Fähre die Uferseite und radeln weiter nach Wettin, wo die beeindruckende Burg der Wettiner über der Saale thront. Von geschichtlich interessierten Touristen wird der Ort nicht gerade überrannt. Als einziges Highlight empfängt uns eine Imbiss-Bar-Café-Kombination am Flussufer. Immerhin gibt es leckeres Eis, eine willkommene Erfrischung, wie wir finden.
Noch zweimal queren wir den Fluss über Brücken, bis wir kurz vor Bernburg unser Zelt auf einem Campingplatz aufschlagen. Hier werden uns sogar die Fahrräder berechnet und wir berappen für unser Minilager 23 Euro. Leider gibt es hier nur diese eine Möglichkeit zum Zelten. Bis zur Stadt ist es nicht weit und wir gönnen uns am Flussufer ein leckeres Essen und ein Hefegetränk bei einem Inder, der mit „indischer und italienischer Küche“ wirbt.
Am Abend sitzen wir auf dem Steg und beobachten das Geschehen am Fluss.
Dienstag, 29.06.
In Bernburg weicht der Weg zunächst von der Saale ab, die Beschilderung ist verschwunden und wir landen auf einem Wiesenweg, welcher auch nach wenigen Metern nicht mehr existent ist. Wenige Meter unter uns finden wir schließlich wieder auf den Saale-Radweg. Oft verlässt der Weg den Fluss und wir passieren Dörfer, die noch immer mit Bruchsteinpflasterstrassen oder den klassischen zwei Betonstreifen auf Sand aufwarten können.
Mangels Brücken arrangiert man sich hier mit Fähren, die vermutlich im Nebenjob bedient werden. Jedenfalls sitzen wir in Groß Rosenburg erst einmal fest, denn das Wassergefährt wird zwischen 8 und 13 Uhr geschont. Wir nutzen die Zeit zum Einkaufen, denn immerhin gibt es im Ort einen kleinen Supermarkt, welcher sogar über die Mittagszeit seine Kunden empfängt. Es beginnt zu regnen und wir fahren zurück zur Fähre, da wir dort in einer Schutzhütte Unterschlupf finden. Dass sich mittlerweile noch einige weitere Radfahrer eingefunden haben, scheint dem Fährmann auf wundersame Weise nicht entgangen zu sein, und so erscheint er unerwartet eher und setzt den Motor bereits eine Stunde früher in Gang. Wir können unsere Fahrt fortsetzen.
Kurz vor Barby werden wir Zeugen eines tierischen Dramas. Ein Reh flüchtet vor einem Jagdhund, der vermutlich mit einem Jäger unterwegs war, den wir weit entfernt ausmachen. Ich versuche ihn noch aufzuhalten, aber er ist im Jagdfieber und läuft einfach weiter. Das Reh erwischt er nicht, es ist schneller und geschickter im Gelände. Leider scheint es aber noch unerfahren zu sein, denn es führt den Verfolger zu seinem im Wald liegenden Kitz. Wir hören ein entsetzliches Quäken und kurz darauf erscheint der Hund mit seiner Beute. Ich liebe Hunde, aber dieses Exemplar ist einfach ein Miststück. Er vergewissert sich noch, dass das Kleine wirklich sein Leben ausgehaucht hat und trollt sich ohne den toten Körper zurück zu seinem Begleiter. Später wird es wieder heißen, es sei die Tat eines Wolfes oder ein Wanderer hätte seinen Hund wildern lassen. Wir bleiben nur schockierte Zeugen.
In Barby geht es mit der Fähre über die Elbe und nun entfernt sich der Weg erst einmal fern vom Fluss über Landstraßen, Wald- und Feldwege. Selbstverständlich alles für den Radverkehr asphaltiert. Wir fragen uns so manches Mal, warum die oft gescholtene Versiegelung der Flächen beim Radwegausbau plötzlich keine Rolle mehr spielt. Wenn man sonst auch gern einmal zu Fuß unterwegs ist, ärgert man sich schon sehr, dass nun einstige Wanderwege zu Rennpisten umgestaltet werden, nur, weil es gerade dafür Fördermittel gibt.
In Aken kreuzen wir erneut die Elbe mittels einer Fähre und beenden unsere heutige Tour auf einem Bootscamp, wo wir für 15 Euro direkt am Fluss zelten, WLAN und heiße Duschen nutzen und den Tag ausklingen lassen können. Eine aus Paletten zusammengezimmerte Sitzgruppe nebst strohgedecktem Sonnenschirm und das per Kasse des Vertrauens bezahlte gut gekühlte Bier aus dem Kühlschrank lassen ein wenig Fernreisegefühl aufkommen. Gegenüber liegt ein Naturschutzgebiet, aus dem sich dank fehlendem Schiffsverkehr eine kleine Wildschweinrotte zum Ufer traut.
Mittwoch, 30.06.
Der Wetterbericht verheißt nichts gutes und gerade, als wir alles verpackt haben, beginnt es wie aus Eimern zu schütten und hört bis zum frühen Nachmittag nicht auf. Zu unserem Glück hat das Camp eine große überdachte Terrasse, auf der wir nun Unterschlupf finden. Als der Regen endlich nachlässt, schwingen wir uns auf die Räder und schaffen es vor dem nächsten Schauer auf den Akener Marktplatz. Ein Asia Imbiss ist das beste Haus am Platz und so verschlingen wir eine große Portion Nudeln, während sich draußen die Wolken entleeren. Ein leichter Regen bleibt uns dennoch auf unserer Weiterfahrt erhalten. Nun führt der Radweg direkt an der vielbefahrenen Landstraße entlang, wovon wir wenig begeistert sind. Dabei gibt es ein Stück abseits im Wald einen Dammweg, der viel ruhiger und für die Offroadverweigerer ebenfalls asphaltiert ist. Bald wird es lichter. Wir durchqueren noch ein kleines Dorf, bevor wir in Dessau ankommen. Am Yachthafen finden wir die „Junkers Paddelgemeinschaft“, wo wir für 18 Euro unser Zelt aufbauen, duschen und sogar die Küche benutzen können. Bier und sonstige Kaltgetränke gibt’s für einen Euro aus dem Kühlschrank. Wir sind nach einer kleinen Stadtrunde nebst Einkauf bestens versorgt und genießen unseren abendlichen Imbiss mit Blick auf die Elbe.
Donnerstag, 01.07.
Dicke Wolken hängen noch immer am Himmel. Wir entschließen uns dennoch, unsere Fahrt fortzusetzen. Wir werfen uns in Regenkluft und bald darauf sind wir auch froh, gegen aufkommende Nässe von oben vorbereitet zu sein. Mit ein wenig Mühe finden wir den Einstieg zum Mulderadweg und hoffen unter dem Schutz einer schönen überdachten Holzbrücke auf nachlassenden Regen. Vergebens. Also ergeben wir uns unserem Schicksal und radeln weiter. Am südöstlichen Rand Dessaus erstreckt sich eine phantastische Auenlandschaft mit uraltem Eichenbestand. Leider sind die Bäume fast alle vom berüchtigten Eichenprozessionsspinner befallen, vor dem wir schon am Ruderclub gewarnt wurden, als wir unter einer großen Eiche unser Zelt aufbauen wollten.
Einige Kilometer verläuft der Weg nun auf einer Landstraße. Bei Regen und mit hohem Tempo vorbeirauschenden Fahrzeugen kein wirkliches Vergnügen.
In Muldenstein kaufen wir ein und hoffen auf eine Unterführung am Bahnhof, durch die wir durch den dahinterliegenden Wald zum Muldenstausee gelangen. Nachdem wir die Räder die schmale Rampe herunterbugsiert haben, stellen wir fest, dass es hier lediglich zum zweiten Bahnsteig geht. Also wuchten wir die Räder wieder die steile Rampe hinauf. Eine tatsächlich einst existierende Unterführung wurde dichtgemacht, um Anschläge auf die Bahntrasse zu verhindern, wie uns ein vorbeikommender Radler berichtet. Danke, liebe Bahn! Nun müssen wir noch einige Kilometer Umweg an einer belebten Straße in Kauf nehmen, bis wir Schlaitz erreichen. Hier campieren wir auf dem Zeltplatz oberhalb des Sees. Vom einstigen Strand ist leider nichts mehr zu sehen, das Seeufer ist nahezu überall begrünt. Noch vor 30 Jahren gab es hier jede Menge Bungalows und Anlegestellen. Nur einige verrostete Lampenmasten zeugen noch davon. Leider finden sich auf den in jüngster Zeit aufgestellten zahlreichen Infotafeln zur Nutzung in den achtziger Jahren nicht ein Hinweis, nur der Kohleabbau davor und die in jüngster Vergangenheit erfolgte „Renaturierung“ werden informativ dargestellt.
Bei kühlem stürmischem Wetter sitzen wir oberhalb des Sees am Zeltplatzrand und lassen den Blick schweifen. Hinter uns verrosten alte Relikte aus der Zeit des Tagebaus auf einer Wiese.
Freitag, 02.07.
Endlich bessert sich das Wetter. Wir starten am See entlang und überqueren die hohe Brücke am Einlauf des Stausees. Mitten auf dem Verlauf des Mulderadweges wird eifrig am Hochwasserschutz gebaut, weshalb wir eine schlecht beschilderte Umleitung finden müssen. Bis nach Bad Düben verläuft der Weg nun immer hinter dem Deich, was ein bisschen schade ist, da der Ausblick auf die Auenlandschaft so nicht möglich ist.
In Bad Düben schwenken wir für einen Einkauf in die Stadt und sind schockiert, das man als Radfahrer hier echt gefährlich lebt. Selbst auf dem Markt gibt es keine Geschwindigkeitsbegrenzung und eine gefahrlose Überquerung ist an der Hauptstraße kaum möglich, es sei denn, man fährt bis zur nächsten Ampel auf dem Fußweg.
Wir sind froh, auf der anderen Muldenseite wieder auf ruhige Wege zu gelangen. In Gruna queren wir mit einer kleinen Personenfähre den Fluss. Den Fährmann ruft man mittels einer Klingel am Ufer. Gegenüber hat ihn jedoch bereits eine Radfahrerin von seiner hundert Meter entfernten Wirtschaft mitgebracht. Vier Euro löhnen wir für die Überfahrt und lassen uns gleich noch auf ein Bier überreden. Bis Eilenburg sind es nun noch etwa elf Kilometer. Ein Stück müssen wir direkt durch die Stadt und schaffen es auch hier kaum, auf die andere Straßenseite zu gelangen. Nun bewegen wir uns aber endlich wieder auf kleinen Wegen, die unter der Umgehungsstraße wieder zum Muldeufer führen. In der Aue rasten wir für ein kleines Picknick am Abend und finden ein Stück weiter einen guten Platz für die Nacht.Nur ein paar Spaziergänger mit ihren Hunden, einige Angler und ein hungriger Storch begleiten uns in die Nacht.
Samstag, 03.07.
Am Morgen kommt die Sonne nur träge in Gang. Einige Ohrenkneifer hatten es sich in der Nacht unter dem Zelt gemütlich gemacht, nun müssen wir aufpassen, dass wir sie nicht beim Packen mit einrollen.
Östlich der Mulde führt uns unser Weg über kleine Dörfer nach Wurzen und weiter nach Trebsen. Hier verabschieden wir uns von den Flüssen und fahren bei sengender Hitze auf der Landstraße in Richtung Altenhain, wo wir am Ortseingang ein Plätzchen für eine Pause finden. Nach einer kleinen Stärkung geht es weiter über Ammelshain nach Naunhof. Hier streiten sich Navi und Beschilderung über den weiteren Wegverlauf. Das Navigationsgerät siegt und beschert uns den kürzeren, dafür aber halb zugewachsenen und mit uralten Feldsteinen gepflasterten Weg bis nach Threna. Auch im Oberholz, einem Waldstück, welches die einstige Abholzung in dieser Gegend überstand, gibt es leichte Diskrepanzen bei der Suche nach dem richtigen Weg. Wo man sonst bequem mit dem Rad durchkommt, hat der Regen der vergangenen Tage die Pfade aufgeweicht und in kleine Seen verwandelt. Den Rest haben die Wildschweine besorgt. Viele Wege führen jedoch durch dieses Waldstück und so finden wir schließlich auch hindurch und sind bald in Dreiskau-Muckern, wo wir uns bei einem Freund eingeladen haben. Nebenan lockt der Störmthaler See zu einem abendlichen Badevergnügen, bis wir bei leckerem Essen und einigen Drinks auf der Terrasse den Sonnenuntergang bewundern und bald in die Betten fallen.
Sonntag, 04.07.
Nach einem ordentlichen Frühstück satteln wir zum letzten Mal die Drahtesel für den kurzen Trip entlang am Störmthaler See bis nach Markkleeberg, wo wir vor einer Woche unsere Tour starteten.
Autorin: Ines Krüger